Braucht die Matrix eine Mutter?    Der Fall Sophia Stewart


Sophia Stewart (im Netz taucht zuweilen eine alternative Schreibweise mit "f" auf) ist eine Afro-Amerikanerin mittleren Alters aus New York, wohnhaft in Salt Lake City, die die Filmemacher der Matrix- und Terminator-Trilogien des Plagiats anklagt.
 
 

Die Vorwürfe von Frau Stewart

Die Handlungsstränge und Charaktere in den Filmen seien aus ihrem Skript "The Third Eye" gestohlen, das sie 1981 angefangen und 1983 fertiggeschrieben hat. Beide Fassungen hat sie bei den zuständigen Behörden per Copyright schützen lassen.
1983 (also vor dem ersten Terminator-Film) hatte sie ein Exemplar an die Twentieth Century Fox zu einer weiblichen Kontaktperson geschickt, die sie später aus den Augen verloren hat, weil die Frau zu Paramount gewechselt ist.
1986 hat sie eine Zeitungsannonce der Wachowsky-Brüder gelesen, in der diese neuen Stoff für Science-Fiction-Comics suchten. Auch hier hat sie ihr Manuskript eingereicht und danach nie wieder etwas von den Brüdern gehört.

1999 hat sie im Kino den ersten Matrix-Film gesehen und dort angeblich ihre Story wiedererkannt. Am 10.06.99 hat sie schriftliche Beschwerde beim FBI eingereicht. Ferner begann ein Schriftwechsel mit den Filmstudios, in dessen Verlauf sie versucht hat, eine außergerichtliche Einigung und eine Abfindung zu erzielen. Die Studios konnten sich keinen Reim auf ihre Briefe machen und haben sie gebeten, schriftliche Belege zu schicken, was offenbar nicht geschehen ist.
 
 

Beobachtungen zu diesem Fall

Der inzwischen üppig wuchernde Dschungel aus Behauptungen, z.T. falschen Berichten, Interviews u. dergl. ist nur sehr schwer zu durchschauen. In ihren Interviews kommt sie extrem emotionell und konfus rüber, schimpft über die Ausnutzung der Schwarzen durch die weiße Gesellschaft (Blaxploitation) und redet von der zweiten Ankunft Christus' ("Second Coming of Christ") sowie von göttlicher Erleuchtung und ähnlichen Dingen.

Auffallend ist, daß sie direkte Fragen zu dem Fall nicht konkret beantwortet und ihr wichtige Fakten nicht einfallen, z.B. das Datum einer Anhörung vor Gericht [http://sophiastewart.unn13.com/interview.html]. Hier verweist sie nur auf den Namen der Richterin bzw. eines Gerichtsassistenten, den man doch im Internet nachschlagen möge. Dort werde man dann auch die Nummer des Gerichtssaals finden.
Angesprochen auf ihr Nichterscheinen am 13. Juni antwortet sie, daß dieser Termin nicht wichtig sei (hätten ihr ihre Anwälte so gesagt) und Gott hätte ihr in einer Vision gesagt, sie würde den Fall sowieso gewinnen. Daher hätte sie es nicht nötig, sich um Zwischentermine zu kümmern, sondern wolle sich auf das entscheidende Finale konzentrieren.

Durch dieses Verhalten hat sie sich vermutlich nach und nach in ein schiefes Licht gerückt, was wohl nicht zuletzt auch zur Einstellung des Gerichtsverfahrens geführt hat. Auch in entsprechenden Diskussionsforen von Matrix-Fans im Internet [http://forums.matrixfans.net/showthread.php?t=23822] sowie [http://www.matrix-explained.com/php/about-the-matrix-movies-5011.html&sid=3db12d3f19e5babbe38cdc26545a2208] ist man inzwischen zu dem Fazit gelangt, daß hier offenbar viel Wirbel um nichts gemacht wurde.
 
 
 

Die Stationen des Gerichtsverfahrens

Der zeitliche Ablauf scheint folgender zu sein:


Laut einem Interview [http://www.booksandwords.com/#InsideStory] habe sie daraufhin ihre Anwälte gefeuert, weil die die Sache versaut hätten. Angeblich hätte sie jetzt auch schon neue Anwälte und wolle in Berufung gehen. Ein neuer Gerichtstermin am 26. September 2005 stehe angeblich auch schon fest. Inzwischen ist das Datum jedoch verstrichen, ohne daß es überhaupt zu einer Anhörung gekommen wäre. Hierauf deuten hin: Es gab keinen Termin im Terminplan des Gerichtsgebäudes, der öffentlich zugänglich ist (...). Auf der Website ihres "Sprachrohrs" Hannilie Zulu sind die aktuellen Geschehnisse, so denn überhaupt welche existieren, bewußt schwammig dargestellt. Es läßt sich daher durchaus schließen, daß sich nichts wesentliches getan hat.
 
 
 

Die angeblichen Beweise

Die im Internet an verschiedensten Stellen veröffentlichten "Dokumente" sind relativ dünn. Von ihrem Skript existieren Deckblatt, Beschreibung der Seiten- und Kapitelanzahl, eine Charakterübersicht und zwei aufeinanderfolgende Seiten, auf denen die Rede von einem ungeborenen Held oder Messias ist und einem Machtinhaber, der die Geburt bzw. das Heranwachsen dieses Kindes verhindern will. Man mag hier an John Connor denken. Allerdings gibt es bereits in der Bibel den König Herodes, der alle Neugeborenen töten ließ, um den durch Prophezeiung angekündigten Heiland aus dem Weg zu räumen. Diese Idee ist also beileibe nicht neu. Hinweise auf Matrix kann man an dieser Stelle beim besten Willen nicht finden. Auch mutet die Art des Schreibstils eher flüchtig und oberflächlich an, was aber auch daran liegen könnte, daß es sich nur um eine Zusammenfassung handelt und nicht um die ausführliche Fassung des Stücks.
Die angeblichen Skripte von ihr, die sich auf www.churchofthematrix.org bzw. Verlinkung von www.terminatorfiles.com einsehen lassen, sind offenbar Scherzartikel, die vermutlich entstanden sind, um die Frau durch den Kakao zu ziehen. Dennoch sind sie interessant zu lesen, sofern man die Ausdauer hat, dem chaotisch, anarchistischen Text zu folgen ;-).

Ferner finden sich Kopien von Deckblättern des Gerichtsantrags und der Copyright-Anmeldungen von 1981 und 1983, einmal für "The Third Eye" und dann für eine Erweiterung desselben um sechs Seiten. Außerdem Auszüge aus einem Schriftverkehr zwischen ihr und den Filmstudios, in denen sie gebeten wird, Beweise vorzulegen bzw. (von seiten Fox) darauf hingewiesen wird, daß diese Firma überhaupt nichts zu tun hat mit den in Frage stehenden Filmen.

Was aber am meisten aufstößt ist die Tatsache, daß die beiden Comicseiten, die von der Matrix handeln und ihre Autorenschaft beweisen sollen, in exakt der gleichen Form schon lange Bestandteil der offiziellen Matrix-Homepage [http://whatisthematrix.warnerbros.com/rl_cmp/rl_middles1_tedtframe.html] [http://whatisthematrix.warnerbros.com/rl_cmp/rl_middles1_manextframe.html] und dort schon seit 1999 bzw. 2000 zu finden sind. Sie werden dort im Rahmen der Präsentation der Werke anderer (freischaffender?) Comicautoren vorgestellt, die sich von dem Film haben inspirieren lassen. Die Einzelseiten sind dort jeweils Bestandteil eines mehrseitigen Gesamtwerks und wurden offenbar wahllos aus dem Zusammenhang gerissen.

Die Vermutung liegt also nahe, daß Sophia Stewart bzw. ihre "Mitstreiter" auf den ihr freundlich gesonnenen Webseiten (wie etwa DhaGhettoTymz) einfach diese Seiten von der offiziellen Seite kopiert haben und sie nun als ihr Werk ausgeben. Somit würden sie genau das tun, was sie der gegnerischen Partei vorwerfen.
Auch der Preis ihres Werkes "The Third Eye", das für sage und schreibe 100 Dollar zu bestellen ist, läßt den Fall in einem unseriösen Licht erscheinen. Ferner gibt es noch CDs zu bestellen mit Interviews von ihr. Eine Dokumentation des Gerichtsprozesses durch ihre Freundin Hannilie Zulu soll in Bälde in Buchform erscheinen und kann vorbestellt werden. Es stellt sich die Frage, was dort drinstehen soll, denn ein richtiger Gerichtsprozess ist ja anscheinend gar nicht erst in Gang gekommen.
 
 
 

Weblinks