Thinkpads früher und heute

Betrachtung am Beispiel des T510

Der T510 ist ein typisches Business-Thinkpad mit den üblichen Ingredenzien: Mattschwarzes Gehäuse (keine Chance für Fingerabdrücke), silberfarbene, kräftige Scharniere, roter Trackpoint in der Mitte der Tastatur, große blaue Entertaste, gute Tastatur. Mit letzterer läßt sich besser schreiben als mit allen anderen, die es gibt. Dies gilt auch für diese Generation, trotz aller Veränderungen, die nach der Übernahme der IBM-PC-Sparte durch die Chinesen eingeflossen sind (weniger Befestigungspunkte bzw. -schrauben, leichtere Tastaturwanne, größere Entf-Taste, schwarze statt grauer Funktionstasten, gelegentliches - kaum merkliches Klappern in einem der Außenbereiche).


Die Kritikpunkte werden den meisten Nutzern überhaupt nicht auffallen und ergeben sich nur aus dem Vergleich mit den alten Thinkpads, die noch von IBM selber konzipiert und gebaut wurden. Einem langjährigen Fan dieser schicken Notebooks mögen sie jedoch negativ auffallen.


1. Der Deckel ist nicht mehr steif, sondern etwas biegsam geworden.


2. Das Clamshell-Design des Deckels ist über die Jahre immer mehr ausgedünnt worden: Die Ränder des Deckels umschließen den unteren Teil des Gehäuses nicht mehr vollständig und nicht mehr so konsequent. Früher war es unmöglich, einen Fremdkörper wie etwa Büroklammer oder Papier zwischen Ober- und Unterteil zu bringen - heute kann dies durchaus passieren.


3. Die Informationsanzeigen am unteren Rand des Deckels sind nur noch in spartanischer Ausführung vorhanden. Früher war man jederzeit darüber informiert, wie der Akkuzustand war oder ob das Stromkabel angeschlossen ist (u. dergl. mehr). Heute fehlt diese wichtige Information, denn über den Zustand des Akkus wird man nur noch vom Betriebssystem selbst informiert und eine Warnung kommt oftmals sehr spät. Eine amberfarbenes Batteriesymbol auf der Vorderseite des Deckels wäre hier hilfreich. Bei diesem Modell jedoch muß man umständlich den Deckel halb zuklappen, um auf die Rückseite zu gucken, denn nur dort befindet sich das gewohnte Batteriesymbol.




4. Rollcage hin oder her: Das Plastik des Außengehäuses hat die selbe billige Anmutung wie bei allen anderen Notebookmarken - Chinaqualität eben. Bei manchen Modellen der Thinkpads gibt es sogar Stellen, die regelmäßig knarzen, weil der entsprechende Gehäuseteil nicht vernünftig befestigt ist. Man kann dies bei Youtube unter dem Stichwort "Palmrest Creak" ziemlich anschaulich nachvollziehen. Bei meinem Modell blieb mir dies zum Glück erspart.


5. Das Touchpad hat eine Noppenstruktur, die eher stört als daß sie hilfreich ist. Auch ist das Touchpad nach wie vor recht klein im Vergleich zum großen, breiten Bildschirm. Ferner reagiert es relativ unempfindlich, was insbesondere bei den neu hinzugekommenen Funktionen wie "Pinch-to-Zoom" und Drehen mit zwei Fingern sehr schade ist. Abgesehen davon stört es in den meisten Situationen, so daß ich es gänzlich deaktiviert habe, da ich ohnehin den Trackpoint bevorzuge.


6. Die Änderung des Tastaturlayouts ist aus meiner Sicht überflüssig und stört manchmal. Ich bin es gewohnt, auch mit der rechten Hand Copy and Paste zu machen und kann nun nicht mehr sicher Shift+Einfg nutzen, da durch die vergrößerte Entf-Tast die Einfg-Taste auf den links benachbarten Tastenblock ausweichen mußte.


7. Modemanschluß (braucht man auch heute manchmal noch!) und ein USB-Anschluß sind auf die Rückseite gewandert, was manchmal umständlich ist. Ich habe gerne alle Anschlüsse auf den Seiten, wo sie besser zugänglich sind.




Positive Neuentwicklungen gegenüber alten Thinkpads:

1. Endlich hellere Bildschirme mit LED-Hintergrundbeleuchtung: Die alten von IBM waren vergleichsweise dunkel und haben über die Jahre sogar noch nachgedunkelt.

2. Die Schnittstellenbestückung ist moderner und zeitgemäßer, teilweise sogar schon zukunftsorientiert: Es gibt E-Sata, Firewire und sogar schon Displayport, für den ich heute noch gar keine Verwendung habe. Gottseidank hat man auch noch an einen normalen VGA-Port gedacht, so daß eine allgemeine Kompatibilität mit Projektoren, modernen Fernsehern und externen Bildschirmen sichergestellt ist. Eine S-Video-Buchse für ältere Fernseher wäre noch schön gewesen, ist aber nicht unbedingt nötig.


3. Es gibt jetzt zwei Lautsprecher an beiden Seiten der Tastatur, so daß man halbwegs vernünftig Multimedia machen kann. Die Lautsprecher sind zwar nicht baßstark, klingen aber einigermaßen sauber. Die Abdeckungsgitter sind Aufschneiderei, da die Größe der Lautsprecher höchstens 20 Prozent davon beträgt. Hier wußten die Konstrukteure wohl nichts anderes mit der Gehäusefläche anzufangen. Dennoch ist dies ein kleiner klanglicher Fortschritt im Vergleich zu den früheren einzelnen Monolautsprechern.


4. Die Konstruktion beinhaltet nunmehr Ablaufkanäle für Flüssigkeiten, die an zwei Löchern an der Unterseite wieder ins Freie gelangen. Vermutlich funktioniert dies nur dann, wenn die Flüssigkeit genau in die Tastatur geschüttet wird und nicht in die umgebende Elektronik drumherum. Ausprobieren möchte ich dies nicht, da ich mein Notebook nicht zum Pflegefall machen will. Es gibt jedoch genug Videos auf Youtube, wo man sich genau dies anschauen kann. Es fällt auf, daß der Protagonist meist klares Wasser benutzt und dies auch genau in den Tastaturbereich gießt, und zwar sehr gleichmäßig. In der Praxis wird dies vermutlich nicht immer so schön gleichmäßig ablaufen, so daß eine entsprechende Vorsicht im Umgang mit dem Notebook geboten ist (wie mit komplizierten elektrischen Geräten im Allgemeinen).



5. Das Thinklight benannte LED-Lämpchen im Deckel, das zur Beleuchtung der Tastatur dient, ist bei diesem Modell noch vorhanden. Ich halte diese Maßnahme für sinnvoller als eine Tastaturbeleuchtung von unten, welche erstens unnatürlich ist und zweitens eine etwaige Papiervorlage nicht mitbeleuchten kann.


6. Die Tastatur ist immer noch die beste von allen, die man in Notebooks, Netbooks, Ultrabooks, Macbooks oder sonstigen "-books" vorfinden kann. Sie hat (fast) immer noch das gleiche gute Schreibgefühl wie früher und es kommt zu keinerlei Tippfehlern, die bei anderen Marken an der Tagesordnung sind, weil bei denen die Form der Tasten und deren Anordnung leider anderen Kriterien als denen der Ergonomie gehorcht.




Die Kritikpunkte ergeben sich größtenteils aus der guten Erfahrung mit älteren Thinkpad-Generationen (von IBM) und greifen nur dann, wenn man diese alten Pluspunkte zu schätzen weiß. Viele Merkmale dürften heutigen Nutzern nicht als negativ auffallen, so daß man sie nicht überbewerten sollte. Der Umstieg von einem anderen Wald und Wiesen-Notebook aus dem Massenmarkt auf ein Thinkpad der T-Serie wird den meisten Nutzern aber auch heute noch angenehm auffallen.


Das T510 ist insgesamt ein brauchbares, handliches und schnelles Business-Notebook, mit dem man gut arbeiten kann. Die Ausstattung mit den o.g. Merkmalen sowie weiteren Innereien wie Core-i5-Prozessor, 4 GB Arbeitsspeicher, 500 GB Festplatte etc. ist modern und in den meisten Fällen mehr als ausreichend. Übermäßig ressourcenfressende Anwendungen wie Spiele oder Videorendering benutze ich nicht. Falls sich in der Richtung etwas ergeben sollte, sehe ich der Zukunft gelassen entgegen.